STACCATO

Meine fieberhafte Jagd nach dem Weißen Alphorn

Meine Drumgeschichte um die merkwürdigen Schlagzeuge der 70er-Jahre

Bands:  „Atomics", „Lots of Sots", „Bob Burns", „Placebo Effect", „Eiskalte Gaeste", „Bythesea", „Formaganda" und „Oberer Totpunkt"

STACCATO-DRUMS: MY FIRST KIT

WEITWINKEL-KAMERAFAHRTEN IN MERKWÜRDIGE TRICHTER-TOMS

DESIGN-FREAKS LIEBEN ES – VIELE DRUMMER HASSEN ES

Wo auch immer ich spiele: Das Staccato-Kit ist immer eine unheimliche Show. Design-Freaks und Sammler interessieren sich sehr für die futuristische Vision der 70er-Jahre. Der Zeitgeist der Weltron-Kugelradios und Eero-Aarnio-Ballchairs in Schlagzeugform modelliert. Klar: Es sind ein Oldtimer! Ich hatte bisher drei Kits. Zwei habe ich verkauft. Mein Best-of ist immer noch für besondere Gigs im Einsatz - doch dazu später.

MUSIKLADEN, DISCO UND TOP OF THE POPS

Wie kam ich auf die Fiberglasdrums? Nachdem ich Ende der 80er mit einem schönen, aber total abgerockten 50er-Jahre Trixon-Luxus in Blue-Sparkle-Finish die ersten Drum- und Bandversuche mit der New-Wave-Band Atomics gestartet hatte, verfolgte mich eine Erinnerung an alte 70er-Jahre-Musikladen und Disco-77-Live-Sendungen. Merkwürde Fisheye- und Superweitwinkelkamerafahrten in trichterartige Kessel. Ich konnte mich nur schwach an Sequenzen mit diesen eigenartigen Kits erinnern und suchte nach Informationen. Schließlich entdeckte ich einen Artikel in einem englischen Schlagzeugmagazin über North aus den USA. Keine Frage - das waren diese seltsamen Drums. Nach einiger Recherche nach diesen ausgestorbenen Fiberglas-Kits fand ich ein Foto von einem Staccato-Drum. Noch skurriler. Ein Ding, das gar nicht mehr aussah, wie ein klassisches Drum: Eher wie etwas organisches - weiße Materie, die auf dem Boden liegt.

DAS ERSTE ASYMETRISCHE DRUMKIT DER WELT

Das erste designte, asymetrische Drumkit der Welt. Ende der 80er-Jahre entdeckte ich eine Anzeige im damalig beliebten Fachblatt Musikmagazin. „Staccato-Bassdrum. Sehr laut. Für 500 DM zu verkaufen“. Ich bekam sofort feuchte Finger und rief an. Der Verkäufer sprach von unglaublichem Design und totalem Druck. Ich reizte meinen Dispo aus, rief nochmal an, um zu bestätigen worauf mir der Typ - keine zwei Stunden später ein – „Sorry, leider schon verkauft!" entgegnete. „Arghhh!“ Ich schaltete „Suche“ Anzeigen in zwei Magazinen. Einige Wochen später bekam ich ein Angebot aus Hannover. Ein Student wollte sein Kit loswerden. Ich habe mir von unserem Gitarristen Werner Walczak seinen formschönen und spritsaugenden VW „411 Kombi“ geliehen und bin mit Atomics-Sänger Jenne nach Hannover gefahren. In einer ehemaligen Eisfabrik stand dieses unglaubliche Schlagzeug – es verschlug mir wirklich den Atem: Zwei Bassdrums, drei tiefe Hängetoms und ein seltsam verschlungenes Standtom. Komplett in Weiß! Gigantisch! Mehr als ein Schlagzeug. Eher die Requisite eines Science-Fiction-Films: 70er-Jahre Futurismus! Weltron-Design.

MY FIRST YOYAGER 2x 22", 12", 13", 14", 16"

 war in exzellentem Zustand und wechselte für 1500 DM den Besitzer. Ich habe es die ersten Jahren auch live mit den vergessenen Bands „Atomics“, „Lots of Sots", „Placebo Effect", „Bob Burns" und „Eiskalte Gaeste“ eingesetzt. Für zwei Jahre habe ich es bei Tom im Out-O-Space-Tonstudio in Göttingen (Das einzige Studio der Welt, das dieses Kit, alleine wegen des Namens verdient hätte) sowie auf dem Dachboden korridieren lassen, bis ich 1994 nach Hamburg ging. 1995 habe ich das Kit wieder reanimiert und im Ü-Raum und live in Hamburg und Umgebung mit der Dark-Wave-Band „Bythesea“ eingesetzt. 2002 habe ich mir zwei weitere geholt und ein Best-of zusammengestellt: 2x22, 6", 8", 10", 12", 16". Alles neu lackiert, neue Böckchen etc.

Mein „Best of all“ habe ich im Winter 2002/2003 vollkommen restauriert. Alle Chromteile sind neu. Ich habe ein alternatives Halterungssystem (RIMS) mit Rackrohr eingesetzt, die Bohrungen für die Halterungen an den Kesseln sind alle geschlossen. Alle Schrauben sind neu und bräuniert und die Kessel entgratet. Mein Kit „Voyager 8“: 6", 8", 10", 12", 14", 16", 2 x 22", 14“ x 10“. Weiß.
 

1976-1983 Die funturistischen Fiberglas-Schlagzeuge aus England

Live und für Videos eingesetzt für die Bands: „Atomics", „Lots of Sots", „Bob Burns", „Placebo Effect", „Eiskalte Gaeste", „Bythesea", „Formaganda". Immer noch für ::OT::, „Oberer Totpunkt"

Fotos von Fernando Magalan, Ralf Elshoff, Oliver Garrandt, Tom, Helge, Bea u.v.a. seit 1987

STACCATO-DRUMS: SOUNDTIPPS

Optik und Sound der gigantischen Drums in Öltanker-Dimension

SOUND: ULTRA-TROCKEN UND TIEF

Wer den ultra-trockenen 70er-Sound sucht, wird ihn beim Staccato finden finden. Man erreicht mit dem Kit einen wirklich fantastischen, tiefen und druckvollen Punch. Ein 8" klingt eher wie ein 10", ein 10" eher wie ein 12"er Tom etc.

KESSEL ENTGRATEN

Empfehlung: Die Kesselränder entgraten. Hier haben sich die Konstrukteure nicht die größte Mühe gegeben. Eine Nachbearbeitung garantiert die nötige plane Fellauflage und garantiert damit ein optimales, freies Stimm- und Schwingverhalten.

FELLTIPPS
Fellempfehlung: Ich habe anfänglich auf Remo Pin-Stripes oder Evans Hydraulic (Ölfell) beharrt. North Drums wurden beispielsweise ab Werk mit Remo Fiberskin Fellen geliefert (Bassdrum). Für die Bassdrum sind gedämpfte Felle ok - für die Toms eher zweite Wahl, denn die zweischichtigen Felle rauben dem Sound die letzten Obertöne, die vorhanden sind. Einschichtige, dünnere Felle wie Remo „Ambassador“ oder die gedämpften Remo „Powerstroke 3“ sind die bessere Entscheidung.

DÄMPFUNG
Die Toms nicht mit „Moongel“ oder Sticker dämpfen. Lasst sie frei schwingen. Schneidet euch drei Zentimeter breite Ringe aus alten Fellen heraus oder kauf die fertigen Ringe und legt die als Dämpfung auf die Toms. Die Toms fangen an etwas nachzuschwingen.

STACCATO: DER ÖLTANKER UNTER DEN DRUMS
Das Design ist unglaublich, der Sound bombastisch – die Verarbeitung ist leider elendig. Auch hinsichtlich der Roadtauglichkeit gibt es praktischere Kits. Das große Kit passt nicht auf die typischen 2x2-Meter-Drumriser. Solltet ihr Live auf großerer Bühne die Möglichkeit haben lasst euch 3x2-Meter-Riser geben - sonst wird es eng! Der Transport ist ein Thema. Es gab Cases, einige lassen sich. vom Sattler Bags bauen, aber sie werden dadurc nicht kleiner. Stapen klappt nicht. Platzprobleme sind typisch. Letzteres wird der geneigte Staccato-User aber verschmerzen können. Als besonders nachteilig wirkt sich die lausige Verarbeitung aus sowie die vollkommen überforderte und unausgereifte Original-Hardware aus.

BRACHIAL LAUT, WENIG VARIATION 
Die Toms sind Single headed, also „offen“ und besitzen keine Resonanzfelle. Das war in den 70-er- und 80er-Jahren auch voll okay. Die meisten Drummer haben ohnehin ohne Resonanzfelle gespielt. Beim normalen Kit kann man die auch jederzeit wieder montieren, wenn man wärmere Sounds sucht. Beim Staccato oder North geht das natürlich nicht. Konstruktionsbedingt ist der Sound wenig variabel. Aber wer erwartet bei einem 70er-Vintage-Kit schon akustische Wunder. Beim 77er Lotus „Esprit“ vermisst ja auch niemand Klimaanlage, ABS und Einparkhilfe. Aber ganz klar: Sound-Esoteriker, Feingeister und Holz-Fetischisten werden an Acryl- und Fiberglaskits wenig Freude haben.

MISFITS – NICHT GESSELLSCHAFTSFÄHIG
Auch bei mir schmälerte die geringe Soundvariabilität, verbunden mit der brachialen Lautstärke, das Vergnügen an diesen Drumsets. Da ich auch andere Akustik-Drums habe, bin ich mir der Nachteile natürlich bewusst. Das Staccato-Kit verkam auch bei mir zur Requisite. Für einige OT-Videos und auch live habe ich das Staccato übrigens hin und wieder eingesetzt. Aber ansonsten: Was macht man nun mit diesem Monster-Kit, damit er nicht als reines Museumsstück in der Ecke verstaubt? Eine mögliche Antwort - man sieht es ja: Ich habe es zu Hause als E-Drum zum üben und einspielen benutzt. „What?“. „Wie bitte?“. „Was hat das jetzt mit Staccato-Drums zu tun?“ Ist schon klar. Ich meine man könnte auch alternativ eine Strumpfhose über eine „Omo“-Tonne spannen (ältere Konsumenten werden die gigantischen Waschmittel-Eimer kennen) und Trigger montieren, aber – ja was aber? Wenn man das Kit tatsächlich braucht kann man wieder die Felle montieren.

DRUMRECORDING MIT TOM WENDT
2021 habe ich mit Tom Wendt das Staccato sowie das North aufgeneommen. Soundfiles und Videos findet ihr hier. Beim 6. Album von ::OT::, Oberer Totpunkt, „Totentanz" (2022) habe ich für den Songs „Dystopia" und „Totentanz" das Staccato  aufgenommen. Die meisten Songs sind aber nicht mit Staccato, North, sondern mit einem neuen DW PDP MAPLE. Beim Recording klingen die Toms einfach satter.

 

STACCATO

Das bizarre 70er-Jahre-Fiberglasdrum aus England 

„Roll on Staccato´s future in sound - tomorrow´s drum today“
So wird die britische Fiberglas-Revolution 1977 in einer Anzeige präsentiert: Eine in Nebel gehüllte, weiße amorphe Formstudie, die nur entfernt an Schlagzeug-Design erinnert. 1978 montiert man das Drum auf eine Mondlandschaft und setzt einen NASA-Astronauten mit Sticks hinter das Kit und verkündet frech den  adaptieren Armstrong-Slogan: „A Giant Leap in Drum-Design“. Das „Staccato-Fortissimo“ ist da! 

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So wird die britische Fiberglas-Revolution 1977 in einer Anzeige präsentiert: Eine in Nebel gehüllte, weiße amorphe Formstudie, die nur entfernt an Schlagzeug-Design erinnert. 1978 montiert man das Drum auf eine Mondlandschaft und setzt einen NASA-Astronauten mit Sticks hinter das Kit und verkündet frech den  adaptieren Armstrong-Slogan: „A Giant Leap in Drum-Design“. Das „Staccato-Fortissimo“ ist da! 

MY STACCATO

Nachdem ich Ende der 80er mit einem schönen, aber abgerockten 50er-Jahre Trixon-Luxus in Blue-Sparkle die ersten  Bandversuche gestartet hatte, verfolgte mich eine Erinnerung an 70er-Jahre-Musikladen-Sendungen. Merkwürde Fisheye-Kamerafahrten in trichterartige Kessel. Schließlich entdeckte  ich North aus den USA. Nach einiger Recherche  fand ich ein Foto von einem  noch skurrilerem Kit: Staccato!

STACCATO-SOUNDS

Wie klingen diese merkwürdigen Kits überhaupt? Laut! Natürlich können die Schlagzeuge nicht mit modernen Maple-Drums mithalten – auch weil sie kein Resonanzfell besitzen. Aber wer den echten trockenen 70er-Sound sucht, wird ihn finden. Ich habe 2021 mit Tom Wendt, der alle OT-Alben gemixt und gemastert hat, beide Kits aufgenommen. Ohne Effekte. Die einzelnen Toms, Fill-Ins und Beats. For free!

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